Mit „Zufallsbürgern“ der Basisdemokratie die Zähne ziehen?

Barbara Bosch Staatsrätin


Zum wiederholten Mal haben sich in Dettingen Teck nun die Bürger vor Ort deutlich gegen den Flächenfraß der Region Stuttgart ausgesprochen. Für Staatsrätin Barbara Bosch erhöht das die Dringlichkeit, dem Bürgerentscheid endlich die Zähne zu ziehen. Ein Kommentar von Manfred Häfele

Generell kann es nicht sein, dass eine Gemeinde wie Dettingen mit 5600 Einwohnern darüber entscheidet, ob es dem Automobilland Baden-Württemberg gelingt, bei klimafreundlichen Antriebssystemen zum Zuge zu kommen.

u.a. Teckbote vom 28.10.2021
Barbara Bosch zum Bürgerentscheid in Dettingen Teck

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Diese Aussage beinhaltet zwei fundamentale Irrtümer:
  1. 5600 BürgerInnen können nicht über über das „ganze Automobilland BW“ entscheiden. Das ist schlicht nicht möglich, denn Bürgerentscheide beziehen sich auf rein kommunale Zuständigkeiten.
  2. Beim Hungerberg ging es nie um Antriebssysteme – zumindest was dies stets die offizielle Aussage von Land, Region und der Verwaltung vor Ort. Es solle lediglich Fläche vorgehalten werden, falls es in naher Zukunft einen Interessenten geben sollte.

Entweder entging das der Staatsrätin für Bürgerbeteiligung in ihrer Stuttgarter Villa Clay, oder sie bringt hier bewusst und gekonnt Meinung mit Fehlinformation zusammen. Die Aussage an sich stimmt ja: Es kann kann nicht sein, dass eine Gemeinde für ganz BW entscheidet. Das liegt in der Natur des kommunalen Bürgerentscheides. Oberflächlich und beim ersten Lesen wird aber bewusst das Narrativ bedient, die Dettinger und alle anderen, die sich im Land für Bürgerentscheide stark machen und machten, stünden der Zukunft des gesamten Landes im Weg.

Wenn der Wille des mündigen Bürgers den Regierungsverantwortlichen nicht in den Kram passt, sollen nun künftig aber dafür ein paar Zufallsbürger“ helfen, die „ganze Breite der Gesellschaft“ abbilden. Die Informationen für ihre Entscheidungsgrundlage bekommen diese von den Verwaltungen vor Ort – die per se für solche Bauvorhaben sind. Die Intention dahinter liegt auf der Hand.

In der scheinbaren Rivalität von direkter und repräsentativer Demokratie gibt es jetzt also einen dritten Mitspieler: den „Würfel-Demokrat“. Und da ist es dann auch plötzlich völlig in Ordnung, dass „ein paar zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger entscheiden, was im Auto-Ländle laufen soll, und was nicht? Stimmt – diese repräsentieren die Bevölkerung auch informierter und demokratischer, also schlicht besser als die Bürger selber?!

Reichen die regelmäßig gewählten Volksvertreter nicht aus, sind sie nicht qualifiziert, den Willen des Wählers umzusetzen?
Doch! Es sind die Verantwortlichen von Region und Kommunen, die ihre Gier nach immer mehr Flächen gegenüber dem mündigen und informierten Bürger nicht ausreichend begrün(d)en können. 

Barbara Bosch Bürgerentscheid Dettingen Teck

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