Teckbote am 3.7.21: Bürgerentscheid und Bundestagswahl

Politik Nach knapp vierstündiger Diskussion spricht sich der Dettinger Gemeinderat dafür aus, die Bürgerinnen und Bürger über das Gewerbegebiet Hungerberg entscheiden zu lassen. Infos gibt es bei Veranstaltungen. Von Iris Häfner

Hier die ganze Rede von Michael Hahn

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Gemeinderatssitzung am 1.7.21

Zulässigkeit des Bürgerentscheid bestätigt – neutrale Begleitgruppe abgelehnt

Der Dettinger Gemeinderat hat in einer Sondersitzung am Do. (1. Juli) die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Entwicklung eines Industriegebiets auf dem Hungerberg bestätigt.  Zugleich wurde die Einrichtung einer Begleitgruppe abgelehnt. Diese hätte die die Aufgabe gehabt, die Bürgerbeteiligung und die Information der Bürgerinnen und Bürger ergebnisoffen, fair und transparent zu gestalten.  

Dies stand im Widerspruch zu den Informationsveranstaltungen, die die Gemeindeverwaltung bereits detailliert und ohne eine bürgerliche Beteiligung geplant hat. Die für die Moderation der Begleitgruppe vorgesehenen Mediatorinnen hatten in ihrem Angebot deutlich gemacht, dass sie unter diesen Vorgaben der Gemeindeverwaltung keine Chance mehr auf eine ergebnisoffene Beteiligung sehen. Dennoch hat sich der Gemeinderat gegen eine Begleitgruppe entschieden. Dies auch im Hinblick auf den Zeitdruck, der durch die Terminierung des Bürgerentscheids auf den Tag der Bundestagswahl (26.09.2021) entstanden ist. Dabei wäre es durchaus möglich gewesen, den Termin des Bürgerentscheids noch weit in den Herbst zu legen.

„Die Mehrheit im Gemeinderat hat sich also gegen die Grundsätze einer guten Bürgerbeteiligung gestellt und sich einem künstlich durch die Verwaltung herbeigeführten Zeitdruck gebeugt“

Michael Hahn, Vertrauensmann der Bürgerinitiative

Hier die ganze Rede von Michael Hahn

Die Bürgerinitiative bewertet die Zulassung des Begehrens als Etappensieg und sieht sich durch das von der Gemeinde beauftragte Rechtsgutachten vom wiederholt von Bürgermeister Haußmann vorgetragenen Vorwurf der Irreführung entlastet. Sie bedauert, dass bei der Begleitgruppe praktische Erwägungen offenbar ein größeres Gewicht als die objektive und ergebnisoffene Information der Bevölkerung beigemessen worden ist.

Stuttgarter Zeitung: Hat das Regionalparlament Angst vor den Bürgern?

Wenn in der Region Stuttgart ein Gewerbegebiet geplant wird, formiert sich sofort Protest, der oft in einen erfolgreichen Bürgerentscheid mündet. Der Regionalverband will darauf nun mehr Einfluss nehmen – und bringt ein umstrittenes Vorhaben auf den Weg. Von Kai Holoch

Dettingen – Der Antrag birgt mehr Sprengstoff, als es zunächst scheinen mag. In der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses des Verbands Region Stuttgart  (VRS) hat die FDP nicht nur gewünscht, der Verband möge zeitnah berichten, wie viele regionale Gewerbe- und Vorhaltestandorte sowie Gewerbeschwerpunkte aktuell vorbereitet werden. Die Fraktion forderte auch, der VRS solle ein Konzept für die Informationsarbeit entwickeln, damit der Verband besser als bisher bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden mitwirken – und darauf einwirken könne. 

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Zum Artikel auf www.stuttgarter-zeitung.de

Weitere Infos zur Rolle der Region Stuttgart am Hungerberg

Online-Veranstaltung zum Flächenverbrauch

Zum Online-Meeting

Dienstag, den 29. Juni um 19.30 Uhr

Zoom-Meeting beitreten

https://zoom.us/j/98181547310?pwd=enFwWFVzbVd6djRma1BOR1BYYXltUT09

Meeting-ID: 981 8154 7310
Kenncode: 143125
Schnelleinwahl mobil
+496950502596

Zum Thema

Geplante Straßenverbreiterungen (z.B. B 27 Aichtal bis „Echterdinger EI“), neue Wohngebiete durch vereinfachte Bebauungsplanverfahren, neue Gewerbegebiete, weil die Kommunen sonst nicht an Geld rankommen.

Und dann kommt plötzlich die Idee ein über 20ha großes (ursprünglich sogar doppelt so groß) aus einem regionalen Grünzug durch die Regionalversammlung heraus zu nehmen, damit mal „vorsichtshalber“ ein Gewerbegebiet für wen auch immer (Wasserstofftechnologie oder Batterieherstellung für die Autoindustrie wird gemunkelt) ausweisen kann bei Bedarf.

Die Mehrheiten sind denkbar knapp für das Vorhaben im Gemeinderat, der nun die Planungshoheit hat. Eine Stimme mehr (die Stimme des BM) als erforderlich.

Der grüne Kreisverband will mit dem Thema Flächenfrass am Beispiel Hungerberg mit einer online-Veranstaltung überörtlich informieren:

Mit dabei ist die „Initiative Hungerberg“,
Dorothee-Kraus-Prause, Sprecherin für Planung  in der grünen Regionalfraktion,
Sylvia Pilarsky-Grosch, Vorsitzende des Landesverbandes BUND

Durch den Abend führen Birgit Sienz und Gerhard Härer vom grünen Kreisvorstand ES

Teckbote vom 16.6.21: Begleitgruppe darf mitgestalten

Gewerbegebiet Die Podiumsdiskussion zum Hungerberg wird nicht nur von der ­Verwaltung organisiert, sondern auch mit Bürgervertretern. Von Iris Häfner

Der Hungerberg sorgt in Dettingen weiter für Diskussionsstoff. Nachdem die 866 Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das geplante, über 21 Hektar große Gewerbegebiet abgegeben wurden, nutzte Michael Hahn von der Bürgerinitiative (BI) die Bürgerfragestunde in der Sitzung des Gemeinderats, um zu erfahren, wann die BI mit einer Antragstellung rechnen kann. Er hatte vor allem die Sommerpause im Blick und damit die Fristen und die weiteren zeitlichen und formellen Abläufe des Verfahrens – insbesondere, was die Verwaltungsgemeinschaft Kirchheim-Dettingen-Notzingen betrifft. Der gemeinsame Ausschuss ist auf den 27. Juli terminiert, erfuhr er. Maßgeblich für den Bürgerentscheid ist jedoch der Bebauungsplan, weshalb es nicht um die ursprünglichen 42, sondern die 21 Hektar geht, erklärte Bürgermeis­ter Rainer Haußmann.

Nahtlos ging es so zum nächs­ten Tagesordnungspunkt über: das weitere Vorgehen zum Bürgerbegehren. Noch sind nicht alle Unterschriften auf ihre Korrektheit geprüft, aber die Verwaltung arbeitet sich voran. „Nach dem Eingang des Antrags haben wir zwei Monate Zeit zu prüfen“, erklärte Rainer Haußmann. Um sich mit diesem wichtigen Thema intensiv auseinandersetzen zu können, schlug er eine Sondersitzung am 1. Juli vor. „Das ist ausnahmsweise ein Donnerstag. Aber wir wollen rechtzeitig einladen, damit die Fraktionen sich beraten können“, sagte der Schultes mit der Begründung: „Wegen der Komplexität und der Fülle der zu prüfenden Daten und im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten unserer Anwaltskanzlei wird es zu der geplanten Sitzung am 28. Juni nicht möglich sein.“ Fasst der Gemeinderat den Beschluss, das Bürgerbegehren zuzulassen, muss er einen Termin dafür innerhalb von vier Monaten festlegen. „Das geht bis in den Herbst rein“, erklärte Rainer Haußmann.

Peter Beck interessierte, was in diesen vier Monaten von Seiten der Verwaltung geplant ist. Die Antwort von Rainer Haußmann: „In der Gemeindeordnung ist vorgesehen, dass Vertrauenspersonen vor der Entscheidung des Gemeinderats anzuhören sind. Die Verwaltung schlägt vor, diesen Personen die Beteiligungsmöglichkeit im Rahmen der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 1. Juli anzubieten.“ Weiter ist eine Podiumsdiskussion vorgesehen, eine Begehung sowie ein Workshop, in dem es unter anderem auch um das Thema Nachhaltigkeit gehen soll. „Wir können auch über weitere Angebote sprechen“, zeigte er sich offen. Peter Beck ist dabei wichtig, dass Befürworter und Gegner des Projekts auf Augenhöhe agieren.

Die Podiumsdiskussion ist für Dienstag, 20. Juli, in der Schlossberghalle vorgesehen, alternativ Mittwoch, 28. Juli, was jedoch der letzte Schultag ist. Die Verwaltung wollte einen Moderator vorschlagen, das Podium soll ausgewogen sein. „Bei einer Podiumsdiskussion müssen wir steuern. Die Module sind für die breite Öffentlichkeit mit Expertise da. Es gibt ein Pro und Contra“, erläuterte Rainer Haußmann. Das Podium soll auch online stattfinden.

„Die Zeit ist knapp. Alle Beteiligten sollten in die Planung einbezogen sein. Nicht nur die Verwaltung soll Herrin des Verfahrens sein“, gab Peter Beck zu Bedenken und schlug eine Begleitgruppe vor. Auch Maria Häfele sprach diese Beteiligungsmöglichkeit an. „Wir können das selber machen, ich sehe keinen Grund für eine Begleitgruppe, aber der Gemeinderat beschließt. Am Ende aber entscheidet die Bürgerschaft – und für die wollen wir eine breit angelegte Veranstaltung machen“, sagte Rainer Haußmann. Peter Beck hätte jedoch gerne die BI befragt. Eine Doppelspitze ist aus seiner Sicht eine elegante Lösung, um die Diskussion gemeinsam vorbereiten zu können. „Wir müssen das heute beschließen, sonst reicht die Zeit nicht“, verdeutlichte der Schultes die enge Zeitschiene.

Antrag auf Einrichtung einer Begleitgruppe

Somit stellte Peter Beck den Antrag, eine Begleitgruppe einzurichten. „Bevor wir jetzt Streit über den Moderator bekommen, beschließt der Gemeinderat. Das ist jetzt ein sehr wichtiger Moment“, verdeutlichte der Schultes die Lage. Bei der ersten Abstimmung gab es beim Zählen ein kleines Durcheinander. Fünf zu fünf bei vier Enthaltungen waren die Stimmen verteilt, was die Ablehnung der Gruppe bedeutet hätte. Doch eine Stimme war zu viel, was eine zweite Abstimmung nötig machte. Fünf Gemeinderäte sprachen sich für die Begleitgruppe aus, vier dagegen, die vier Enthaltungen blieben. „Dann werde ich mit Herrn Hahn über die Begleitgruppe sprechen“, sagte Rainer Haußmann.

BDS Kirchheim verbreitet Falschinformationen über Bürgerinitiative

Falschinformation des BDS Kirchheim über die Bürgerinitiative Hungerberg. Verantwortliche des BDS Jan Dietz, Karl-Albrecht Einselen, Anja Hennrich

Folgende diffamierende und haltlose Verleumdung veröffentlichte der Bund der Selbständigen BDS-Kirchheim am 10.8.2021 (laut Beitragsdatierung) auf seiner Internetseite www.pro-hungerberg.de:

Quelle: Falsche Anschuldigungen auf der Internetseite www.pro-hungerberg.de des BDS-Kirchheim

Dort ist zu lesen: „Bürgerinitiative wirbt sogar im Kindergarten – Mit großem Unverständnis reagieren die Unterstützer von PRO HUNGERBERG auf die Information, dass die Bürgerinitiative gegen den Zukunftsstandort sogar in einem Kindergarten für ihre Ziele wirbt. In Dettingen wurden dort aktiv Aufkleber an Familien verteilt. PRO-HUNGERBERG meint: Kindergärten für politische Aktionen zu missbrauchen, ist absolut grenzüberschreitend.“ (www.pro-hungerberg.de am 11.8.2021)

Die Bürgerinitiative Hungerberg stellt klar:

Die auf der Internetseite pro-hungerberg.de unter „Aktuelles“ veröffentlichte Behauptung, die BI werbe vor Kindergärten durch Verteilung von Aufklebern für ihre Position, ist haltlos.

Falls es belastbare Anhaltspunkte zu diesem Sachverhalt geben sollte, bitten wir um sachdienliche Hinweise zur Aufklärung. Wir haben aber leider keinen Einfluss darauf, zu was Dritte sich in der Absicht berufen fühlen, um die jeweilige Seite zu „unterstützen“.

Wir beziehen deshalb auch auf unserer Internetseite deutlich Stellung und rufen alle Beteiligten auf, von Sachbeschädigungen an und Diebstahl von Plakaten dringend abzusehen und sich auf einen sachlichen Meinungsaustausch beim Thema zu konzentrieren.

Zur Stellungnahme

Lediglich mit leeren Schlagwörtern für die eigene Position zu werben, ohne faktenbasierte Quellen nennen zu können, wie der BDS es in seiner Kampagne vorzieht, ist im demokratischen Meinungsaustausch völlig legitim. Falsche Behauptungen im Bereich der Verleumdung sind aber fernab von demokratischen Meinungsaustausch, Fairness und persönlichem Respekt.

Mitglieder der BI persönlich betroffen

Die Mitglieder der Bürgerinitiative, deren Kinder die erwähnten Kitas besuchen, sehen sich dabei besonders angegriffen. Wir sehen durch diese persönliche Verbindung die Gefahr, dass diese falsche Anschuldigung direkt auf deren Familien zurückfällt. Daher fordert die Initiative Hungerberg vom BDS Kirchheim, dass dieser Beitrag umgehend gelöscht wird. Eine öffentliche Klarstellung seitens des BDS wäre der Sachlichkeit und dem respektvollen Umgang miteinander zudem sicherlich dienlich.

Gesprächsangebot bislang ausgeblieben

Um persönlich ins Gespräch zu kommen, fordern wir gerne das vom BDS Kirchheim zwar öffentlich im Teckboten groß angekündigte, aber leider nie umgesetzte Gesprächsangebot ein.

Falschinformation des BDS Kirchheim über die Bürgerinitiative Hungerberg. Verantwortliche Jan Dietz, Karl-Albrecht Einselen, Anja Hennrich
Zu den Kontaktdaten der Verantwortlichen http://www.bds-kirchheim-teck.de/?page_id=28

Aktualisierung 6.9.21: Der Inhalt der Seite, zu dem sich auch Walter Feeß, Dr. Jörg Mosolf und Dr. Thomas Gitzel bekennen, wurde vom BDS von der Internetseite, genommen.

Teckbote am 5.6.2021 : 866 befürworten den Bürgerentscheid

Protest Die Bürgerinitiative „Kein Gewerbegebiet am Hungerberg“ sammelte weit mehr als die erforderlichen 350 Unterschriften. Gestern übergab sie die Liste an Bürgermeister Rainer Haußmann. Von Iris Häfner

Bürgermeister Rainer Haus,amm (rechts) nahm die Unterschriften vor dem Rathaus entgegen. (Foto: Markus Brändli)

In knapp vier Wochen konnte die Bürgerinitiative „Kein Gewerbegebiet am Hungerberg“ 866 Unterschriften sammeln. Für das Quorum wären 350 Unterschriften nötig gewesen. „Weit mehr als doppelt so viele Dettinger unterstützen uns. Diese Bürger beantragen einen Bürgerentscheid über den Hungerberg. Diese Unterschriften stehen dafür, dass am Hungerberg weder 42 noch 22 Hektar, sondern null Hektar verbaut werden“, erklärte Michael Hahn von der BI bei der Unterschriftenübergabe an Bürgermeister Rainer Haußmann vor dem Dettinger Rathaus.

Der Schultes verlor nur wenige Worte,

in denen er klarstellte, dass seine Sicht bezüglich des geplanten Gewerbegebiets Hungerberg hinreichend bekannt sei. Es gab dazu eine Pressemitteilung der Gemeinde Dettingen. „Nun folgt die nächste Stufe des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens, in der zunächst die Prüfung aller Unterlagen und Unterschriften durchgeführt wird. Anschließend wird die Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlussfassung und zur Festlegung der weiteren Schritte vorgelegt“, heißt es darin.

Kommt es zum Bürgerentscheid im Herbst, werde es von Seiten der Gemeinde bis dahin zahlreiche offizielle und unabhängige Informations- und Beteiligungsangebote für die Dettinger geben. „Dieses Zukunftsprojekt geht alle an. Darüber müssen wir breit diskutieren und alle Argumente abwägen“, so Rainer Haußmann. Im Falle eines Bürgerentscheids würde die Verantwortung in den Händen aller Dettinger Bürger liegen und nicht mehr beim Gemeinderat.

Michael Hahn nutzte die Unterschriftenübergabe, um offiziell den Standpunkt der Bürgerinitiative zu verdeutlichen.

„Erste Überlegungen zur Industrieansiedelung am Hungerberg gab es Ende der 1990er-Jahre. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert. Wenn wir heute Entscheidungen für die Zukunft treffen, dann reicht es nicht aus, auf alte Überlegungen und alte Verhaltensweisen zurückzugreifen“

Michael Hahn

Der Klimawandel schreite von Jahr zu Jahr schneller fort, der Grundwasserspiegel sinke großflächig, es gibt das neue Problem Insektensterben. Immer mehr Menschen würden wahrnehmen, dass Ressourcen – auch freie Flächen – begrenzt sind und trotzdem in atemberaubendem Tempo verbraucht würden. Der Verlust der Biodiversität werde von Umweltwissenschaftlern nach Pandemie, Ressourcenknappheit und Klimawandel genannt.

„Auch in unserer Gemeinde ist die Zivilgesellschaft nicht mehr bereit zu akzeptieren, dass Politik und Wirtschaft allein über ihre Zukunft entscheiden. Sie traut den seit Jahrzehnten vorgetragenen Argumenten ,Arbeitsplätze‘ und ,Gewerbesteuer‘ nicht mehr. Gebetsmühlenhaft vorgetragene Totschlagargumente ziehen nicht mehr“, sagte Michael Hahn. Vor Dettingen würden nun mehrere Wochen Zeit liegen, Argumente auszutauschen und Fakten auf den Tisch zu legen.

Region: Mit 500.000 Euro Steuergelder Bürgerentscheid beeinflussen oder mit „regionalem Bürgerentscheid“ aushebeln?

Bürgerentscheide zum Vorhaltestandort Hungerberg beeinflussen oder aushebeln? Diese Frage treibt offensichtlich den Verband Region Stuttgart derzeit um. Nachdem 2020 und 2021 bereits zwei Gewerbegebiete (Lautertal und Fils) durch Bürgerentscheide abgewendet werden und 2019 in Schwieberdingen nur knapp realisiert werden konnte, möchte die Region Stuttgart einen weiteren Bürgerentscheid gegen ein mögliches Industriegebiet unbedingt vermeiden.

FDP-Antrag: 500.000€ aus Wanderausstellung „umwidmen“

Die FDP-Fraktion in der Regionalversammlung möchte nun aktiv den Bürgerentscheid um den Hungerberg beeinflussen. Dazu stellt die Fraktion den Antrag, den Topf für die „Regionale Wanderausstellung“ von 500.000 Euro „umzuwidmen“. Diese Mittel sollen stattdessen in eine Informationskampagne fließen, damit die Region eine „aktive Rolle in der Diskussion“ in einer rein lokalen Angelegenheit einnehmen kann. Zudem soll dafür auch auf den Etat für die Öffentlichkeitsarbeit der Region zurückgegriffen werden.

Region Stuttgart Hungerberg Dettingen FDP
Der Antrag der FDP-Fraktion im Regionalparlament (Ausschnitt)

Der Antrag im genauen Wortlaut…

Bürgerentscheid auf regionaler statt lokaler Ebene bei regional bedeutsamen Vorhaben

Einen Schritt weiter denkt Regionaldirektorin Dr. Schelling. Nachdem nun Bürgerinnen und Bürger in betroffenen Gemeinden mit Bürgerentscheiden regionale Vorhaben abgewendet haben, möchte Sie nun dieses Instrument direkter demokratischer Teilhabe mit einem „Bürgerentscheid auf regionaler Ebene“ aushebeln.

 „Aus unserer Sicht ist es eine Aufgabe auf Landesebene, das Zusammenspiel von regionaler Planung und lokalem Bürgerentscheid bei wichtigen Strukturentwicklungsvorhaben unter die Lupe zu nehmen und für Lösungen zu sorgen, die eine nachhaltige Gesamtentwicklung der Region gewährleisten – beispielsweise durch einen Bürgerentscheid auf regionaler statt lokaler Ebene bei regional bedeutsamen Vorhaben“ 

Regionaldirektorin Dr. Schelling (Presseinformation vom 1.3.21)
Frage nebenbei: Wer entscheidet dann darüber, ob ein Vorhaben "regional bedeutsam" ist?

Die Strategie hinter dieser Idee liegt auf der Hand: Wählerinnen und Wähler, die von negativen Auswirkungen einer Maßnahme nicht betroffen sind, befürworten diese naturgemäß gerne. Den Gemeinden jedoch, die direkt davon betroffen sind und sich dagegen wehren möchten, steht dann eine Überzahl an Wählern entgegen, die zwar von den negativen Konsequenzen einer Maßnahme (Emissionsbelastung, Verkehr, Flächenversiegelung, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, Verlust von Naherholungsgebieten) überhaupt nicht betroffen sind, aber dennoch mitstimmen können.
Auf diesem Wege wäre der lokale Bürgerentscheid ausgehebelt.

 „Die systematische überörtliche Planung läuft ins Leere, wenn am Ende vor Ort über die Entwicklung eines gesamten Wirtschafts- und Lebensraums entschieden wird“

Ja, läuft sie! Aber die Planungen müssten erst gar nicht allumfänglich angestrengt werden, wenn man die im Baugesetz vorgeschriebene Einbindung von Bürgerinnen und Bürger vor Ort konsequent umsetzen würde und diese transparent in den Entscheidungsprozess einbindet. Und da sind aber auch die Gemeinde- und Stadtverwaltungen in der Pflicht.

Und ja, das letzte Wort sollen die Bewohner vor Ort haben – schließlich sind diese auch direkt betroffen!

Bürgerentscheid zum Vorhaltestandort Hungerberg beeinflussen oder aushebeln?

Und nein, der Verband Region Stuttgart darf Bürgerentscheide weder beeinflussen oder aushebeln!

Weitere Infos vom Verband Region Stuttgart